Brexit – Mögliche Auswirken auf Personen, Steuern und Recht

Brexit ist das dominierende internationale Thema Großbritanniens. Wir haben auf dieser Seite überblicksartig und in auflistender Kurzform potentielle Auswirkungen auf Personen, Steuerrecht und Gesellschaftsrecht zusammengestellt, überwiegend als Regelungen, die (ohne gesonderte Vereinbarungen oder Abkommen) nach Brexit wegfallen würden.


Personen

  • EU-Personenfreizügigkeit wird es hinsichtlich Großbritannien zukünftig nicht mehr geben. Die zukünftigen Bedingungen für einen Verbleib von EU-Bürgern, der Ein- und Ausreise sind derzeit unklar.
  • Derzeit ist die Sozialversicherung bei internationalen Anstellungsverhältnissen durch EU-Richtlinie geregelt, auch hinsichtlich Zurechnung eines erarbeiteten Anspruchs zum Heimatland oder Erwerbs eines separaten Anspruchs im Einsatzland. Da die EU-Richtlinie nach Brexit nicht mehr gelten würde, sind separate Abkommen nötig.

Steuerrecht

  • Mutter-Tochter-Richtlinie der EU (umgesetzt in § 43b EStG) zur Quellensteuerfreiheit von Dividenden zwischen Unternehmen
  • Zins- und Lizenzgebührenrichtlinie der EU (umgesetzt in § 50g EStG) zur Quellensteuerfreiheit von Zinsen und Lizenzgebühren
  • Fusionsrichtlinie (umgesetzt im UmwStG) zu steuerneutralen Umstrukturierungen von Unternehmen; unklar ist derzeit, ob der räumliche Anwendungsbereich des UmwStG selbst (EWR-Gebiet) bzgl. Großbritanniens bei zukünftigen Umwandlungen gegeben sein wird
  • Richtlinien zur Amtshilfe und Beitreibung sowie hinsichtlich der Anti-BEPS-Richtlinie (Anti Tax Avoidance Directive, ATAD)
  • Hinzurechnungsbesteuerung nach dem deutschen AStG: wenn Großbritannien nicht mehr zur EU gehört, können sich Unternehmen nicht mehr auf die Befreiung von § 8 Abs. 2 AStG berufen, da Großbritannien nun ein Drittstaat wäre
  • Eine Stundung der Entnahmebesteuerung nach § 4g EStG durch Überführung von Wirtschaftsgütern in eine britische Betriebsstätte wäre nicht mehr gegeben. Hinsichtlich des Falls § 36 Abs. 5 EStG, der grenzüberschreitenden Betriebsverlegung wird ein Austritt Großbritanniens eher nicht als ein Akt der Weiterverlagerung interpretiert werden können
  • Stundung der Wegzugsbesteuerung gem. § 6 Abs. 5 S. 1 AStG bei Wohnsitzwechsel entfällt
  • Eine britische Familienstiftung könnte nicht mehr den Entlastungsbeweis gem. § 15 Abs. 1 AStG führen, um eine Hinzurechnungsbesteuerung nach § 15 Abs. 1 AStG zu vermeiden
  • Gewerbesteuerliches Schachtelprivileg, § 9 Abs. 7 GewStG, durch dass es bei Auslandsdividenden innerhalb der EU unter bestimmten Voraussetzungen zu einer Kürzung für Zwecke der Gewerbesteuer kommt
  • Bei Sitzverlegung einer Kapitalgesellschaft in einen Drittstaat gilt diese als aufgelöst (§12 Abs. 3 KStG).
  • Bei Organschaft nach § 14 Abs. 1 KStG kann eine Organgesellschaft ihren Sitz im EU/EWR-Ausland haben, damit zukünftig aber nicht mehr in Großbritannien
  • Unklarheit, ob die steuerneutrale Einlagenrückgewähr nach § 27 Abs. 8 KStG nach Brexit für ein britisches Tochterunternehmen weiterhin gilt
  • Nach EU-Austritt würde ein britisches Unternehmen nicht mehr die Voraussetzungen in § 1 Abs. 4 UmwStG erfüllen und somit nachträglich die Besteuerung des Einbringungsgewinns in Umwandlungsfällen des § 20 UmwStG ausgelöst werden
  • Befreiung von Grunderwerbsteuer nach § 6a GrEStG in Fällen der Umstrukturierung innerhalb eines Konzerns, sofern Großbritannien sowohl aus dem EU- als auch EWR-Raum austritt
  • Umsatzsteuer: Großbritannien würde von einem Mitgliedsstaat zu einem Drittland wechseln; somit wären alle Lieferketten von, nach und durch Großbritannien betroffen hinsichtlich Beurteilung der Steuerbarkeit einer Leistung und Dokumentationspflichten.

Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht

  • Eine Europäische Gesellschaft (Societas Europaea, SE) könnte ihren Sitz nicht mehr in Großbritannien haben
  • Aus dem EU/EWR-Raum durch Verlegung des Verwaltungssitzes zugezogene Gesellschaften werden in ihrer Rechtsform anerkannt. Wenn Großbritannien nicht mehr in der EU oder der EWR wäre (und kein separates Abkommen entstünde), würden britische Gesellschaften nach der Sitztheorie, also nach deutschem Gesellschaftsrecht beurteilt und damit Konsequenzen wie Zwangsformwechsel mit Aufdeckung stiller Reserven nach sich ziehen
  • Neu abgeschlossene Handelsverträge berücksichtigen nun auch Klauseln zu zukünftigem Geltungsgebiet, Steuern und Zöllen sowie Klauseln bei wesentlich nachteiliger Veränderung der Rechtssituation oder der Nachverhandlung aufgrund unvorhergesehener Veränderungen der Umstände.
  • Unklar ist derzeit Art und Umfang des zukünftigen Schutzes von Patenten, Mustern und Marken, die auf Basis einer EU-Registrierung erfolgt sind

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